Marienweihe

Die Weihe an Maria – ein Weg der Heiligkeit

Jeder Christ ist zur Heiligkeit berufen, nicht nur die Großen und Starken, nein, sogar in besonderer Weise die Schwachen und Armen. Der heilige Maximilian Kolbe spricht von einer „Armee der Unbefleckten“, die Maria in den letzten Zeiten sammelt, um für das Reich Gottes zu kämpfen. Maria zeigt uns den Weg der Heiligkeit, den jeder von uns beschreiten kann, jetzt, in seiner heutigen Lebenslage.

Totus Tuus

Johannes Paul II. war nicht immer ein glühender Marienverehrer. In seiner Jugend hatte er Bedenken, ob eine übertriebene Marienfrömmigkeit nicht von Christus wegführen würde. Dann fiel ihm ein kleines Büchlein eines französischen Heiligen vom Beginn des 18. Jahrhunderts in die Hand: „Die wahre Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“, vom heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort. Dieses Buch prägte ihn tief und überzeugte ihn so sehr von der bedeutenden Rolle Marias für unser Zeit, dass er später als Wahlspruch seines Pontifikats und als Schriftzug auf seinem päpstlichen Wappen „Totus Tuus“ wählte, „Ganz dein, Maria“, wie es der heilige Ludwig Maria lehrt. „Ganz dein“, das ist die Weihe an Maria – oder besser gesagt: Weihe an den dreifaltigen Gott durch Maria.


Nicht alle finden zu den Schriften des heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort Zugang. Er hat eine sehr „barocke“ und radikale Ausdrucksweise. Was er aber im Wesen sagt, ist so bedeutend für die Kirche, dass es berechtigte Hoffnung gibt, dass er zum Kirchenlehrer ernannt wird. Er selbst lebte in großer Armut und Hingabe, er war ein feuriger Apostel und die Region Frankreichs, in der er gewirkt hat, zählt heute noch zu den katholischen Hochburgen. Er selbst sah in der „Wahren Andacht zu Maria“ ein prophetisches Mittel für die „Apostel der letzten Zeiten“. Ein Mittel, um selbst in der Heiligkeit zu wachsen und wirkungsvoll das Evangelium zu bezeugen und zu verkünden. Er sagte voraus, dass das Buch verlorengehen, aber wiedergefunden würde, wenn es an der Zeit sei. Das geschah auch so: Ludwig Maria starb 1716 und die Schrift war nicht mehr auffindbar. 1842, mehr als 100 Jahre später, wurde das Büchlein von einem Priester auf einem Dachboden wiedergefunden.
Im Kern sagt der heilige Ludwig nichts anderes, als Maria selbst uns in diesen Zeiten durch die verschiedenen Botschaften mitteilt, sei es Rue de Bac, La Salette, Lourdes, Fatima oder Medjugorje. Entsprechend der Hochzeit von Kanaa im Johannesevangelium bleibt die Grundbotschaft, die Maria uns gibt, immer dieselbe: „Was er euch sagt, das tut!“ Maria führt uns immer zu Jesus, wie uns Jesus immer zum Vater führt. Der heilige Ludwig Maria sieht Maria so sehr mit Gott vereint, dass alles, was wir zu ihr bringen, sofort auch zu Gott kommt.

Ein vorbehaltloses „Ja“

Worin besteht nun das Besondere einer „Marienweihe“?

Was zeichnet Maria aus, wer ist sie?

Im Wesen ist Maria ganz „ja“ zu Gott. Sie ist Jungfrau, so kann sie alles, was von Gott kommt ganz und voll, ohne den geringsten Vorbehalt oder Widerstand empfangen. Sie ist Mutter, indem sie nicht nur empfängt, sondern auch fruchtbar für die Welt wird. Sie hat Gott ganz empfangen, ohne das geringste Nein. Sie hat das Wort Gottes empfangen, in dem sich Gott, der Vater selbst ausspricht und in dem die ganze Schöpfung erschaffen ist. Dieses Wort ist durch den Heiligen Geist in ihr Fleisch geworden.

So wurde sie die Muttergottes, die Mutter unseres Herrn Jesus Christus, der das ewige Wort des Vaters ist. Gott wollte die Zustimmung der Menschheit für seine Menschwerdung.

Maria hat in Freiheit durch ihr „fiat“, „Mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38), diese Zustimmung gegeben. Dabei hat sie nicht nur für sich selbst gesprochen, sondern für die ganze Menschheit.

In Maria ist das „Ja zu Gott“ aller Menschen gesprochen, jeder der Ja zu Gott sagt, hat Anteil an diesem Ja, das unsere Rettung und Erlösung ermöglichte. Jeder, der sich für den Willen Gottes entscheidet, trägt ein Teilchen zur Menschwerdung Gottes bei und tritt damit in ein neues Leben, das durch Tod und Auferstehung Christi erwirkt wurde. Wir sehen, dass eigentlich jede Zustimmung zum Willen Gottes mit Maria geschieht, ob wir es wissen oder nicht.

Marienweihe ist nun die bewusste Entscheidung, die Haltung Marias anzunehmen, wie sie zu sagen: Mir geschehe, wie Gott es möchte! So ist nichts an der Marienweihe, das uns von Christus entfernen würde – ganz im Gegenteil, sie ist die vollkommenste Weise, sich ganz auf Christus auszurichten und das mit Hilfe der Person, die ihm am nächsten ist: seiner Mutter.

Sich formen lassen

Der heilige Ludwig Maria erklärt uns, wie wir üblicherweise den Weg der Heiligkeit verstehen: Er vergleicht den Menschen mit einem Bildhauer, der mit großer Mühe aus einem Steinblock eine Gestalt herausmeißelt und dabei immer Gefahr läuft, durch einen einzigen falschen Schlag die Figur zu verderben. So sind wir, wenn wir unsere Heiligung durch Leistung und Anstrengung selbst wirken möchten. Er sagt, dass es einen anderen Weg der Heiligung gibt, einen für die Kleinen und Demütigen, nämlich den Weg Mariens. Die Gestalt der Heiligkeit wird nicht aus hartem Stein gemeißelt, sondern hergestellt, indem das Material verflüssigt und in eine Form gegossen wird. Maria ist nach einem Wort des hl. Augustinus „forma Dei“, sie ist „Form Gottes“. In ihr wurde Christus geformt, in ihr können auch wir Christus gleichgeformt werden, denn nichts anders ist Heiligkeit. Mit der Marienweihe entscheiden wir uns, „weich“ zu werden, uns formen zu lassen, indem wir nicht mehr einfach selbst bestimmen, was gut und richtig für uns ist, sondern ganz hörend werden. So werden wir formbar für Gott und gehen einen Weg mit Maria, die uns mit mütterliche Sanftheit und Milde begleitet.


In diesem Sinn ist Maria auch Mutter und Urbild der Kirche, wie es das Zweite Vatikanische Konzil lehrt. Mutter, denn die Kirche ist der mystische Leib Christi und dieser Leib wurde aus Maria, der Jungfrau geboren. Urbild, denn in ihr werden die Kinder Gottes geformt. In der Kirche werden wir, die lebendigen Bausteine, zu Gliedern des Leibes, dessen Haupt Christus ist. Darum führt die Marienweihe, indem sie zu einem Gehorsam Gott gegenüber führt, auch in die Gemeinschaft der Kirche. Maria ist auch ökumenisch, denn sie möchte alle Kinder Gottes versammeln, sie ist die Mutter aller Menschen. Jeder, der sich für den Willen Gottes entscheidet, jeder, der sich für das Gute entscheidet, hat Anteil an ihrem Ja zu Gott. Sie führt zur Einheit, nicht durch Diskussionen oder Härte, sondern indem sie das Gute in sich sammelt und so Christus mit seiner erlösenden Kraft in jeder guten Tat und Haltung gegenwärtig wird.


Diese sanfte Kraft der Verwandlung ist an den besonderen „marianischen“ Orten spürbar. Warum fällt es in dort so leicht zu beten? Warum fühlen sich manche nach einem Besuch der Bäder in Lourdes bis ins Innerste verwandelt? Warum atmen die Marienfeste eine besondere Milde und Freundlichkeit? Das ist das Geheimnis Mariens! Man spürt in ihrer Gegenwart Schönheit und Lebenskraft. Maria kommt uns selbst entgegen, sie sucht ihre Kinder und hilft ihnen den Weg der Nachfolge und des Glaubens zu gehen.

Verwandelt und gesandt

Der erste Punkt der Marienweihe, nach dem hl. Ludwig Maria, ist die Bereitschaft, sich verwandeln zu lassen. Wir lassen uns üblicherweise nicht gerne unsere eigenen Vorstellungen vom christlichen Leben nehmen. Wir haben alle möglichen Vorstellungen davon, was sich in der Welt ändern müsste oder was wir an uns ändern sollten, sind aber oft nicht bereit, ganz schlicht und einfach uns selbst und die Situation, in der wir leben anzunehmen. Wir müssen nicht weit reisen, um Gott zu finden und keine schweren Rätsel lösen, um zu erfahren, was er von uns will. Die Weihe an Maria ist vor allem ein Loslassen: die Annahme seiner selbst und der eigenen Situation. Maria ist eine demütige Magd, an ihr wirkt Gott. Sie selbst bezeugt uns: „Großes hat Gott an mir getan und sein Name ist heilig“ und „Er erhöht die Niedrigen“ (vgl. Lk 1,46 – 55). Die Weihe an Maria ist vor allem ein demütiges „Ja“. Wir bekunden, mit der Weihe die Wege Gottes gehen zu wollen, mit ganzen Herzen, aber im Wissen, dass wir schwach sind, dass wir fallen werden und dass wir oft nicht wissen, was das Richtige ist. In dieser Haltung wird uns Gott führen können, weil wir nicht an eigenen Plänen zwanghaft festhalten.


Der zweite Punkt ist die Bereitschaft, sich senden zu lassen. Wie Maria Jungfrau und Mutter ist, so sollen auch in uns die Gnade nicht nur empfangen, sondern auch fruchtbar werden. Im Geist Ludwig Maria Grignions bedeutet das erneut, sich ganz zu überlassen. Er vergleicht die Apostel der letzten Zeiten mit Wolken, die dem leisesten Wehen des Geistes folgen. Oft haben wir eine feste Vorstellung davon, was es heißt, für das Reich Gottes fruchtbar zu sein. Mit Maria gehen, heißt, bereit zu sein, auf Gott zu hören und seine eigenen Ideen in Frage stellen zu lassen. Das ist oft schmerzhaft und wir können es wie ein „Geschmolzen – Werden“ erfahren. Es geschieht aber nur, um in Maria Christus ähnlicher gemacht zu werden. Oder vielleicht denkt man, dass man mit seinen wenigen Gaben nichts beitragen kann. Die Armee der Unbefleckten besteht aber nicht unbedingt aus den Begabtesten und Fähigsten. Was töricht und schwach ist, hat Gott erwählt, sagt uns der Apostel Paulus, das was in den Augen der Welt nichts zählt (vgl. 1 Kor 1, 27-28). Wenn Gott in uns wirkt, dann werden wir wirklich fruchtbar; und das geschieht, wenn wir in die Schule Mariens gehen.

Siehe, deine Mutter!

Wie kann man sich weihen? Eigentlich sind wir schon durch die Taufe geweiht und Kinder Gottes geworden. Wir müssen uns aber immer wieder neu und bewusst entscheiden, Christus nachzufolgen. Maria ist der schnellste und leichteste Weg zu Christus, sagt uns der hl. Ludwig Maria. Die Marienweihe kann man als inneren Schritt, ganz formlos machen: einfach die feste Entscheidung treffen, das zu tun, was er, Christus, uns sagt. Wir können uns aber, und das ist sehr empfehlenswert, darauf vorbereiten und feierlich eine Weihe ablegen. Der hl. Ludwig Maria schlägt eine 33-tägige Weihevorbereitung vor und gibt auch eine Anleitung in seinem „Goldenen Buch“. Die Gemeinschaft der Seligpreisungen hat ein Weihebuch herausgegeben, das eine 33-tägige Vorbereitung beinhaltet; im Geist des hl. Ludwig Maria Grignions von Montfort, des sel. Johannes Paul II. und der Botschaften aus Medjugorje. Dieses Weihebuch gibt es auch in einer besonderen Ausgabe für Jugendliche. Zudem kann man täglich ein Weihegebet am Morgen sprechen, man kann jährlich zu einem bestimmten Tag die Weihe erneuern; es gibt viele Möglichkeiten, Schritte zu setzen, die uns ganz in Maria hineinführen.


Der heilige Ludwig Maria Grignion hatte, wenn er predigte, in einer Hand den Rosenkranz und in der andern das Kreuz. Wir leben in einer Zeit, in der es nicht leicht ist, den Glauben zu leben; als Christen sind wir oft innerlich wie äußerlich bedrängt. Durch die Verbundenheit mit Maria und das Vertrauen auf die erlösende Gnade des Kreuzes erstrahlt uns in dieser Zeit der Barmherzigkeit schon die Morgenröte der Auferstehung. Am Kreuz hat uns Christus das Leben mit Maria als Vermächtnis gegeben: „Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh. 19,27).

Weihegebet

Heute nehme ich dich, o Maria,
in Gegenwart des ganzen Himmels
als meine Mutter und Königin an.
Ich weihe und schenke dir
mein Herz, meinen Leib und meine Seele,
meinen inneren und äußeren Besitz,
und auch den Wert all meiner Gebete, guten Werke und Leiden,
meine ganze Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
In allem sollst du frei über mich verfügen,
in Zeit und Ewigkeit,
damit Gott mehr geliebt wird, zu seiner größeren Ehre
und zum Heil der Menschen.
Amen.